Den „deutschen Messer-Papst“ – so nennt man Hans Joachim Wieland. Mit seinem „Messer Magazin“ veröffentlicht er in einem Zwei-Monats-Rhythmus die einzige regelmäßige Publikation im DACH-Raum, die sich ausschließlich mit dem Thema Messer beschäftigt. Vom Jagdmesser über das handgemachte Sammlermesser bis hin zum Küchenmesser findet sich hier das gesamte Spektrum. Zudem werden im jährlich veröffentlichten „Messer Katalog“ auf über 200 Seiten rund 1400 Modelle vorgestellt – inklusive detaillierter technischer Daten, Beschreibungen und Fotos. Damit hat Wieland, der als Geschäftsführer der Wieland Verlag GmbH insgesamt zehn Magazine verantwortet, ein unvergleichliches Nachschlagewerk für Messerfreunde sowie den Fachhandel geschaffen. Im Interview mit Check-List erklärt der „Messer-Papst“ die Faszination hinter seinem ungewöhnlichen Hobby und gibt hilfreiche Tipps, wie man sich am besten für einen Survival-Trip ausrüstet.
Check-List: Erzählen Sie uns bitte, wie Sie zum Thema Messer gekommen sind: Was fasziniert Sie daran?
Hans Joachim Wieland: Das Thema Messer war irgendwie immer da für mich. Ich bin in einem Dorf aufgewachsen und war als Kind und Jugendlicher viel draußen, im Wald und am Fluss. Ich hatte ein klassisches Solinger Fahrtenmesser, mit dem ich allerlei Unsinn angestellt habe. Zum Beispiel Messerwerfen auf die Trauerweide vor unserem Haus. Sie hat es zum Glück überlebt. Als ich Jahre später im Journalismus tätig war, ist mir irgendwann aufgefallen, dass es zum Thema Messer keine Zeitschrift gibt. Also habe ich das Messer Magazin ins Leben gerufen. Das war 1999. Messer sind ein faszinierendes Thema, vor allem auch für Sammler. Sie besitzen eine ganz besondere Ästhetik, sind technisch interessant, haben eine lange Historie und es gibt ganz viele Geschichten drumherum zu erzählen.
CL: Wie viele Messer umfasst Ihre persönliche Sammlung?
Wieland: Ich habe sie nie gezählt, aber es müssen schon ein paar hundert sein. Darunter sind viele handgefertigte Einzelstücke, vor allem kompakte feststehende Messer.
CL: Besitzen Sie ein Messer, das aus Ihrer Sammlung besonders hervorsticht?
Wieland: Einen besonderen Status haben für mich die Messer, hinter denen persönliche Begegnungen und Freundschaften stehen. Zum Beispiel ein ganz kleines, im Design extrem reduziertes Damastmesser von Francesco Pachí. Er ist ein begnadeter italienischer Fotograf und Messermacher, der leider aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr mit Metall arbeiten kann. Francesco ist ein Freund, er hat das Messer für mich aus einem kleinen Reststück gemacht und ein sehr spezielles Etui dafür genäht.
CL: Was war das außergewöhnlichste Messer, das Sie jemals in Ihren Händen gehalten haben?
Wieland: Das war ein handgefertigtes Taschenmesser aus dem persönlichen Bestand des legendären amerikanischen Messerschmieds Bill Scagel. Er gilt als der Urvater der Custom-Knife-Bewegung, die sich als Gegenentwurf zur industriellen Massenfertigung versteht. Scagel hat dieses Messer jahrelang mit sich getragen und genutzt. So etwas ist einmalig und kostet heute sicherlich 100.000 Dollar.
CL: Was macht ein gutes Messer aus?
Wieland: Ein gutes Messer zeichnet sich dadurch aus, dass es möglichst optimal auf seinen Einsatzzweck ausgelegt ist. Das Messer, das alles kann, gibt es nicht. Mit einem Rasiermesser können Sie sich prima rasieren, aber kein Holz hacken. Der Einsatzzweck eines Messers ist manchmal sehr speziell, wie bei einem Rasiermesser, manchmal ist er sehr breit. Das Design des Messers, seine Klingenform, die Geometrie der Klinge, der Stahl, all das muss dazu passen. Abgesehen davon sollten natürlich die Materialien und die Verarbeitungsqualität top sein.
CL: Wenn ich einen Survival-Trip machen möchte, wie entscheide ich, welche Messer ich mitnehme? Worauf kommt es an?
Wieland: Das hat viel mit dem persönlichen Geschmack zu tun, aber ich würde zu einem feststehenden Messer raten, das ist im Zweifel zuverlässiger als ein Klappmesser. Die Klinge sollte nicht zu lang sein. Maximal zehn Zentimeter Klingenlänge, würde ich sagen. Das ist noch handlich und bei feineren Arbeiten gut führbar. Ich nehme lieber noch ein kleines Beil fürs Grobe mit. Die Messerklinge sollte robust sein, muss aber nicht übertrieben stark ausfallen. Vier Millimeter Klingenstärke reichen. Als Stahl würde ich eine rostbeständige Sorte wählen, das spart Pflegeaufwand. Zu hart sollte der Stahl nicht sein, sonst wird es schwierig, die Klinge mit einfachen Mitteln nachzuschärfen. Man hat dafür ja vielleicht nur einen Bachkiesel oder irgendwas Ähnliches. Als Griffmaterial würde ich einen unempfindlichen Kunststoff nehmen, da machen Feuchtigkeit und Temperaturschwankungen nichts aus. Noch wichtiger ist, dass das Messer gut in meine Hand passt und dass ich auch längere Zeit damit arbeiten kann, ohne dass es unangenehm wird. Und das Allerwichtigste: Dass ich Freude daran habe!
CL: Wie wählen Sie aus, welche Messer in Ihrem Magazin vorgestellt werden?
Wieland: Es kommen jedes Jahr viele hundert neue Messermodelle auf den Markt, das Angebot ist riesig. Wir versuchen, im „Messer Magazin“ möglichst das ganze Spektrum der Messerwelt abzubilden und die interessantesten Neuheiten herauszupicken. Aber ganz ehrlich: Ein richtiges System haben wir in 24 Jahren noch nicht gefunden.