Irgendwie bläst da immer der Wind. Doch während uns an der Côte dAzur nur der Mistral zusetzt, hat Triest gleich vier Winde zu bieten: Nämlich die Bora, den Libeccio, den Scirocco und den Mistral.
Triest haben wir immer sträflich vernachlässigt. Venedig den Vorzug gegeben. Und irgendwie ist es sich immer nur auf eine Stippvisite ausgegangen. Nie für einige längere Tage.
Jetzt haben wir da Triest bei flotter Fahrweise in nur schlanken fünf-
einhalb Fahrstunden von Wien aus erreichbar ist und im eigenen Fahrzeug keine Maskenpflicht herrscht die alte Stadt neu entdeckt.
Historisch war Triest für die Donaumonarchie immens wichtig. Denn die Stadt an der Adria erbat schon 1382 bei Leopold III. in Graz den Schutz der Habsburger. Natürlich gegen die damals schon verhassten und mächtigen Venezianer. 1662 erhielt die Stadt dann den Status eines Freihafens. Sprich dort fiel kein Zoll an. Ab 1730 wurde die Stadt umgebaut und erneuert, dann von Napoleon besetzt. 1857 verbindet die Südbahn nach ihrer Eröffnung Triest perfekt mit dem Hinterland der Monarchie. 1896 tat der Suezkanal Triest das Tor zur Welt auf. 1895 wurde die Austro-Americana gegründet, die sich auf Routen über den Atlantik spezialisierte und bis 1914 etwa eine Viertelmillion Immigranten in die USA brachte.
Kulinarisches Erbe
Triest hat unglaublich viel zu bieten. Gastronomisch etwa die Enoteca Sgonico. Patron Mitja Riolino erwartet uns in seinem Lokal. Auf die Frage nach einer Speisekarte werden wir vertröstet. Und dann gehts Schlag auf Schlag: Ein Gang nach dem anderen kommt heran, zehn Gänge vom Feinsten. Mit Muscheln, mit weißen und schwarzen Trüffeln, mit Pasta, mit Austern. Den Preis wollen wir nicht nennen. Aber mit Weinbegleitung, Dessert und einem feinen Grappa steht noch immer ein Einser vor der dreistelligen Zahl. Und das will bei einem derartigen Angebot etwas heißen.
Das kulinarische Erbe Österreichs lässt sich in Triest wohl am besten in den Buffets bei allerlei Schweinsgerichten erleben. 50 kleine Lokale sind in der ganzen Stadt verteilt meistens werden die dargebotenen Köstlichkeiten im Stehen serviert. Da gibt es Sauerkraut, Kaisersemmeln mit Beinfleisch, Gurkerl und Kren, Schinken, Geselchtes, Würstel, gegrillten Fisch und Gulasch. Und all das zu einem unvorstellbar günstigen Preis.
Aber Triest ist auch die Stadt der Gärten. In Miramare, nur wenige Minuten vom Zentrum der Stadt erreichbar, hat Maximilian I. von Mexiko ein unvorstellbares Juwel geschaffen. Der Park um die weiße Villa, die man ursprünglich nur vom Meer aus erreichen konnte, sucht seinesgleichen. Treppen, Terrassen, dahinter eine romantische Waldlandschaft es ist doch einiges übriggeblieben von den Ideen des genialen Botanikers Erzherzog Maximilian. Heutzutage ist es etwas mühevoll, dort hinzukommen: Kaum Parkplätze, meistens Stau, dennoch lohnt ein Besuch.
Doch Triest hat auch viel an Kunst und Kultur zu bieten. Das Teatro Verdi ist eines der ältesten und schönsten Opernhäuser Italiens. Der Autor James Joyce lebte 15 Jahre lang in Triest, hier arbeitete er an seinem Roman Ulysses, und Rainer Maria Rilke hinterließ seine Spur auf Wanderwegen.
Von Christian W. Mucha
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