Was für ein Tanz
Der Opernball. Alljährlicher Höhepunkt des gesellschaftlichen Lebens. Damit untrennbar verbunden sind seine Organisatorinnen.

Was für ein Tanz

In der Schockstarre des Corona-Wahnsinns fraß das 0,14 Mikrometer kleine Monster, das nur im elektronen-Mikroskop erkennbar ist, sich auch durch unsere Gehirne. Und unseren Medienkonsum: Denn wenn die Gazetten, die Radio- und Fernsehstationen nur mehr ein einziges Thema zu kennen scheinen, dann entsteht nach einer gewissen Zeit das, was man als übersättigte Verzweiflung bezeichnen mag. Und die Menschen sehnen sich nach anderen Themen als Corona. Nach leichterer Kost, nach Kost für die Seelen, die in jener Zeit, in der ganz Österreich im Häfen saß, balsamisch wirken sollte. Unsere Zeitschrift Elite und ihre Macherin Ekaterina Mucha erkannten als eine der ersten, welch großer Bedarf da entsteht und schuf mit Elite 1/2020, das am 24. April erschien, das erste coronafreie Magazin des Landes. Die Reaktionen darauf waren durchaus positiv. Man wollte wieder träumen. Man wollte wieder frei sein. Man wollte wieder fühlen. 

Dies hat auch in der sogenannten „guten Gesellschaft“ seine Berechtigung.
Und es begab sich, dass just in der finsteren Zeit des Maskenzeitalters ein gewisser Bogdan Roš?i? sich zu Wort meldete (der Dienstantritt des neuen Staatsoperndirektors fiel genau in die finsterste Phase) und in seiner schnoddrigen Art durchblicken ließ, dass Richard Lugner keine Opernball-Loge mehr erhalten werde. Man habe ja die Förderer der Staatsoper – die würden bevorzugt behandelt. Wer braucht schon die, wie ihn sein Vorgänger Dominic Meyer bezeichnet hatte, „Unperson“ des Baumeisters.

Die mit generalstabsplanmäßiger Präzision in unglaublicher Dichte gleichzeitig in fast allen Medien transportierten Antritts-Interviews des „Herrn der Ringe“ transportierten unisono die gleiche Botschaft: Alles wird anders. Alles wird Roš?i?. Wir exekutieren kalt unser Programm. Freunde gibt es keine. Und eine Opernball-Lady – wer braucht das schon? Künftig wird ein Personenkomitee den Begrüßungsaugust machen bzw. für die Organisation verantwortlich sein. Was Medienprofi Roš?i? (der Mann war Ö3-Chef, machte sich dort schon unzählige Feinde, als er den Austropop verbannte, und werkte dann bei Sony Records) nicht vorhersah: Die Menschen in diesem Land sehnten sich nach einem anderen Thema als Corona. Und just Roš?i? hat es ihnen geliefert. Die Volksseele begann zu kochen. Ein gewaltiger Shitstorm ergoss sich über den neuen Ballbuben, angefeuert durch die Berichte in ungezählten Zeitungen, die just Elite-Verleger Christian W. Mucha losgetreten hatte. Der attackierte Roš?i? mit einem Facebook-Posting, in dem Folgendes zu lesen war: „Schämen Sie sich, Herr Roš?i?! In einer Zeit, in der die ganze Nation unter größten Entbehrungen ein Zeichen setzt, unsere alten Menschen zu schützen, ist Ihre symbolhafte erste Handlung, dass Sie den 87-jährigen Richard Lugner, der sein ganzes Leben lang für die Wiener Staatsoper geworben hat, die Rute ins Fenster stellen und ihm erklären, dass er keine Opernball-Loge mehr bekommt?“

Im Handumdrehen die Nation zum Feind

Die Reaktionen darauf sprachen Bände: Rund 1000 Likes, 416 Kommentare und unzählige Mails, die den neuen Opernball-Direktor erreichten, machten ihm klar, dass die Hochkultur eine Sache ist. Der Opernball eine andere.

Der Meinungs-Tsunami, der über ihn hereinbrach, war wie die Schleusenöffnung nach einem Gewitter: Da sich die Menschen nach Alternativthemen gesehnt hatten, nahmen sie gerne diese heilige Kuh und führten sie zur Schlachtbank. Unzählige Medienberichte heizten die Sache auf. In der Kronen Zeitung dann der Rückzieher von Roš?i?. Der arme 88-Jährige, der sowieso nicht zu den Reichsten hierzulande gehört und für die Finanzierung seiner Opernball-Eskapaden regelmäßig die Pächter seiner Lugnercity zur Ader lässt, sollte die Kleinigkeit von rund 70.000 Euro als Förderer der Staatsoper bezahlen, um dann die Möglichkeit zu haben, um 26.000 Euro eine Loge zu ergattern. Nächster Selbstfaller von Roš?i?. Erneut kochte die Volksseele auf. Spätestens jetzt götterdämmerte es dem neuen Staatsoperndirektor, der übrigens gerade einen Kahlschlag in seinem Unternehmen durchführt, alles neu umstellt, unzählige Stellen umbesetzt und fast alles, was nur auf den Kopf stellbar ist, im Walhalla der heimischen Kultur implodieren lässt, dass man hierzulande nicht an Denkmälern rütteln sollte. Roš?i? hatte die Liebe der Österreicher zu ihrem „Original“ Lugner völlig falsch eingeschätzt. Diese fast schon Nestroyische Figur, ein Original, nur vergleichbar mit dem lieben Augustin, dem Herrn Karl oder Hans Moser, völlig falsch eingeschätzt. Lugner sei der Opernball, so hieß es. Er habe jahrzehntelang unheimlich viel Geld investiert, um das ganze Ereignis der heimischen Society zum Strahlen zu bringen. Und – auch Roš?i?s Andeutung, ein Personenkomitee einreiten zu lassen, findet zwar einige Befürworter, wie zum Beispiel Sacher-Chef Matthias Winkler oder Moderatorin Arabella Kiesbauer, die Mehrzahl der heimischen Prominenten ist freilich anderer Meinung. Von Chris Lohner über Silvia Schneider und Dieter Chmelar bis zu Krone-Adabei-Chef Norman Schenz, der verklausuliert schrieb: „Welche Meinung ich zu der Sache habe, weiß man.“ Und jeder weiß, dass auch er für eine Aufrechterhaltung dieser Tradition ist. Andere gaben sich kryptisch, wie etwa Thomas Schäfer-Elmayer, der meint, dass er sich aufgrund der Tatsache, dass sein Großvater den ersten Opernball leitete, lieber nicht zu diesem Thema äußern möchte.

Sie alle freilich machten mit bei einer außergewöhnlichen Umfrage, zu deren Erarbeitung Elite fast zwei Monate brauchte, bis wir sie alle an Bord hatten: eine Bewertung der Performance, der Kompetenz und Sympathie der bisherigen Ladys. Das Ergebnis spricht ein klares Bild: Gräfin Schönfeldt kennt fast keiner mehr, Lotte Tobisch schlägt sie alle, Elisabeth Mautner-Gürtler ist gut unterwegs und auch Desiree Treichl-Stürgkh hat sich – da sie den meisten noch intensiv in Erinnerung ist und viele der Prominenten mit ihr zu tun hatten – sehr wacker gehalten. Nicht wacker – wen überrascht dies – hatte sich die sich im Frack selbstdarstellende Abschiedsbläserin Maria Großbauer geschlagen, die mit deutlichem Abstand in fast allen Bereichen die schlechtesten Bewertungen der Promis einheimste. Doch nicht nur das: Elite wollte es genau wissen und gab beim renommierten Institut Triconsult eine repräsentative Umfrage zu diesem Thema in Auftrag. Und – die Österreicher haben gesprochen. Alle Ergebnisse lesen Sie ab Seite 18, das Balkendiagramm bestehend aus Ballzylindern spricht eine beredte Sprache. 

Wer hat das Format zur neuen Ballmutter?

Doch wer soll nun die neue Opernball-Lady werden, wenn der neue Opernballdirektor vielleicht in letzter Sekunde doch noch umschwenkt? Weil er, so wie in der Causa Lugner, doch nicht möchte, dass er nochmals einen Shitstorm bis zu den Nasenlöchern kriegt und darin zu versinken droht. Denn seien wir uns ehrlich – aus seinen Interviews geht ganz klar das hervor, was natürlich seine ureigenste Aufgabe als Staatsoperndirektor ist: Dass ihm dieser eine Abend im Jahr, unprätentiös formuliert, eher am Arsch vorbei geht, und dass es in Wirklichkeit um seine Produktionen, sein Programm, seine Ideen geht.. Und sie sind weit weniger spektakulär als angenommen, bauen auf der üblichen Kost des Opernhauses am Ring auf und werden das verwöhnte Stammpublikum so zufrieden stellen, dass da jedenfalls keine Peymannschen Entsetzensschreie aufkommen.

 

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